„Wir sind ein starkes Land, weil die Bürgerinnen und Bürger bereit sind, das Leben zu meistern und jeden Tag hart dafür zu kämpfen. Die Mitte unserer Gesellschaft, das sind die Millionen Frauen und Männer, die sich bei der Arbeit anstrengen und am Ende des Tages ihren Kindern an der Bettkante noch eine Geschichte vorlesen. Die Frauen und Männer, die in Kindergärten und Schulen unsere Kinder auf ihren Lebensweg bringen. Menschen, die jungen Leuten eine Berufsausbildung geben, die Kranke oder Ältere pflegen. Die als Betriebsräte um Arbeitsplätze oder als Geschäftsführer um Kunden kämpfen. Sie alle sind das starke Herz unseres Landes, und dieses Herz ist intakt! Das ist die eine Seite. Die andere Seite gibt es auch: In unserem Land gärt es. Da hat sich sehr viel Wut und Empörung aufgestaut. Das Gerechtigkeitsgefühl in unserem Land ist tief verletzt.Eine Geschichte habe ich immer wieder gehört. Wie kann es sein, dass eine Kassiererin im Supermarkt wegen zwei Pfandbons von 1,30 Euro ihren Job verliert? Und die, die Milliarden versenkt haben und die Weltwirtschaft in den Abgrund gerissen haben, kriegen auch noch was oben drauf. Wie kann das sein, fragen die Leute. Ich gebe ihnen recht: Da ist etwas aus den Fugen geraten. Das schreit nach Korrektur! Und da ist Sozialdemokratie gefragt! … Schwarz-Gelb hofft, dass die Krise nur ein Betriebsunfall ist; ein Gewitter, das vorbeizieht, und dann wird alles wie früher. ‚Schnell zurückkehren zu den alten Regeln‘, wie die Kanzlerin sagt. Das ist nicht nur ein Irrtum. Das ist gefährlich, weil diese falsche Analyse zu falschen politischen Entscheidungen führen muss! Weil sie ausblendet, was an Änderungen tatsächlich nötig ist. … Unser Land ist stark, weil es eine starke Mitte hat. Wir werden diese Mitte schützen! Wir tun, was dieser Mitte wirklich hilft: Wir wollen den Eingangssteuersatz auf zehn Prozent senken. Davon profitieren Gering- und Normalverdiener. Wir werden das Steuersystem vereinfachen. Und wir wollen die Lohnnebenkosten stabil halten…. Der Staat, den ich will, der ist effizient und handlungsfähig. Der Staat ist auch nicht Gegner der Bürger. Der Staat, das sind wir alle! …Ich wende mich auch an alle, von denen man sagt, sie seien ‚die da oben‘. Ich meine die zehn Prozent der Bevölkerung, die 60 Prozent des Vermögens in Deutschland besitzen. Wir Sozialdemokraten sagen selbstbewusst: Wir sind die Partei für alle, die soziale Verantwortung übernehmen. Für alle, die sich der ganzen Gesellschaft verpflichtet fühlen. Keiner Herr und keiner Knecht, wie Franz Müntefering sagt. Wer stark ist, der steht auch stärker in der Verantwortung. … Wir wollen den Spitzensteuersatz auf 47 Prozent anheben, um damit das zentrale Projekt des neuen Jahrzehnts zu bezahlen: Bildung. Damit Kindergärten und Schulen besser werden, und jedes Kind einen Schulabschluss bekommt. Das ist keine Steuererhöhung für alle, das betrifft gerade mal 1,5 Prozent der Steuerpflichtigen. Keiner muss deswegen an der trockenen Brotkante kauen!“
Frank-Walter Steinmeier sagt: „Es gärt in unserm Land“
Auszüge aus der Rede von Frank-Walter Steinmeier zum Bundestagswahlprogramm am 19.4.2009 in Berlin!