Jochen Klein zur Regionalkonferenz in Wardenburg

Siegmar Gabriel gibt gute Bewerbung bei der Basis ab. Gemeinsam mit Andrea Nahles auf Regionalkonferenz in Wardenburg offen und klar um Vertrauensvorschuss geworben.

Sigmar Gabriel und Andrea Nahles auf der Regionalkonferenz in Wardenbug
Das designierte Parteiführungs-Duo Siegmar Gabriel und Andrea Nahles hat die SPD-Mitglieder der Region am Donnerstag, 05.11.2009 in den „Wardenburger Hof“ bei Oldenburg zu einer außerordentlichen Regionalkonferenz eingeladen. Es war die mutige Bewerbung bei der Basis für die Wahl als neue Parteispitze auf dem Bundesparteitag in Dresden Mitte November. Mutig deshalb, weil eine Vorstellungsrunde dieser Art als „Ochsentour durch die Republik“ bis in die Untergliederungen der Partei bisher einzigartig ist. Das Experiment ist gelungen.Rund 350 Genossinnen und Genossen füllten den großen Veranstaltungssaal in Wardenburg vollständig und erwarteten gespannt den Auftritt der designierten Parteispitze. Kurz nach 19 Uhr betraten Gabriel und Nahles – zumindest äußerlich – gelöst lächelnd unter noch vorsichtigem Applaus den Saal, flankiert vom UB-Vorsitzenden Oldenburg Land Axel Brammer und dem niedersächsischen Landesvorsitzenden Garrelt Duin. Nach kurzen Grußworten von Duin und Brammer ergriff sodann Gabriel die Redeinitiative. Gut vorbereitet, klar und schonungslos analysierte er sehr gekonnt, sehr ehrlich und sehr kritisch den desaströsen Ausgang der Bundestagswahl und den aktuellen Zustand der SPD. Schonungslos deutlich offenbarte er im Kern: „Eine Partei, die nach allen Seiten verliert, hat vor Allem ein Profilproblem.“ Dieses müsse wieder klarer herausgearbeitet werden – und dies könne nur unter Beteiligung auch der SPD-Basis wieder gelingen. Das sei zentrale Aufgabe der neuen SPD-Führung. „Wenn man von den eigenen Mitgliedern nicht mehr gewählt wird, dann ist das der klare Auftrag, mal über sich nachzudenken. Das wollen und werden wir tun.“ kündigte Gabriel an.
Allerdings bemerkte er auch kritisch, dass nicht über jede Parteientscheidung in basisdemokratischer Urabstimmung befunden werden könne. In den nächsten 12 Monate müsse und werde man aber viel gemeinsam diskutieren und debattieren um daraus letztlich den neuen Weg aufzuzeigen für das schon jetzt definierte Ziel einer neuen sozialdemokratischen Prägung und Stärke in Deutschland. Dazu müsse die Partei sich nach außen und innen öffnen und nicht allein nach links. „Man darf ganz sicher nicht aus Prinzip bestimmte Koalitionen von vornherein ausschließen. Aber man darf sie genauso wenig aus Prinzip schließen. Da muss man schon genau hingucken.“ meinte er mit strengem Seitenblick auf „Die Linke“. „Was links ist, wird allein über politische Themen und Inhalte definiert – und nicht über den Parteinamen.“ stellte er unter dem Applaus der ansonsten durchaus kritischen Zuhörer klar. Auch die innerparteilichen Strukturen müssten überdacht werden, da Parteistrukturen schließlich den Mitgliedern dienen sollten und nicht umgekehrt – wie leider in der Vergangenheit. Auch dies wurde von der Basis guttiert. Insgesamt schaffte Gabriel mit seiner mitreißenden und rhetorisch äußert gewandten Art es sowohl die Schwere der vor der SPD liegenden Aufgabe zu beschreiben als aber auch die Leidenschaft zu transportieren, diese Herausforderung gemeinsam mit Andrea Nahles und mit der Unterstützung der Partei zum Wohle der SPD annehmen zu wollen. Gabriel hat überzeugt – durch seine klare, bodenständige und deutliche Ansprache. Ehrlich genug, Fehler zuzugestehen. Gleichsam mutig genug, auch auf Erfolge zu verweisen.Auch kritischen Anmerkungen der Teilnehmer wich er nicht aus und beantwortete betont leidenschaftlich und mitunter humorvoll („Ich bin lieber dick als doof!“) nahezu jeden vorgehaltenen Wortbeitrag. Gabriel vermittelte eine ansteckende Aufbruchsstimmung, ohne jedoch nur eine leere Euphorie zu erzeugen. Unverstellt und mitreißend war sein Auftritt, ohne jede Selbstdarstellung. Eine gute Bewerbung eben.Ihm folgte Andrea Nahles ans Rednerpult. Auch sie suchte gewohnt kämpferisch den direkten Kontakt zur Basis, wenngleich sie insgesamt weniger geschliffen als Gabriel den neuen Weg der SPD beschrieb. Dennoch nahm man auch ihr ab, dass sie weniger für eigene als für die Interessen der Partei an- und eintreten will. Ihre Aufgabe sei es insbesondere, „…das Willy-Brandt-Haus in Berlin wieder zu einem Dienstleistungszentrum für die Mitglieder…“ zu machen. Gut so.Gabriel und Nahles wirkten bei aller Unterschiedlichkeit ihrer Charaktere und Positionen einig und gemeinsam entschlossen. Während und nach der Veranstaltung war der Applaus in jedem Fall lauter, als noch zu Beginn. Das gesendete Signal kam also an. Wenngleich die eingeforderte Unterstützung nichts anderes als zunächst nur ein Vertrauensvorschuss der Mitglieder sein kann. Dessen sind beide sich jedoch ausdrücklich bewusst. Gemeinsam müssen wir nun dafür sorgen, dass dieser Vertrauensvorschuss keine rein belastende Hypothek für die Partei ist, sondern ein gutes Fundament um das marode SPD-Gebäude darauf von Grund auf zu sanieren. Gabriel und Nahles machen einen guten, weil vorbereiteten Eindruck. Insbesondere den Eindruck, entschlossen und gewappnet zu sein.Die SPD Wallenhorst wünscht Siegmar Gabriel und Andrea Nahles für den Bundesparteitag in Dresden viel Glück und Erfolg. Und für die Zeit danach gilt der Wunsch, dass der vermittelte Eindruck von Wardenburg nicht täuscht und die angestrebten Prozesse Wirkung zeigen. Dabei wollen wir von hieraus gerne unterstützend mitwirken – wenn man uns tatsächlich lässt.Herzlich Glück aufJochen Klein OV-Vorsitzender